Russlands Justiz hat ein Strafverfahren gegen Jacques Tilly eingeleitet. Dem Düsseldorfer Bildhauer und Karnevalswagenbauer, der auch Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung ist, wird demnach vorgeworfen, "Falschinformationen über die russische Armee aus eigennützigen Motiven sowie aus politischem Hass verbreitet zu haben".
Offenbar bezieht sich das Verfahren auf die diversen Mottowagen, mit denen der Düsseldorfer bei den Rosenmontagszügen der vergangenen Jahre Russlands Präsidenten Wladimir Putin aufs Korn genommen hatte. Tilly selbst hat bislang keine Vorladung des Moskauer Gerichts erhalten. "Über die Vorwürfe haben mich meine Freunde von der oppositionellen Gruppe Freies Russland NRW informiert", sagt er gegenüber dem hpd.
Anruf bei Yuri Nitkin, Vorstandsmitglied dieser Vereinigung. Dieser erzählt, wie er von der Anklage erfahren hat. "Das wurde zunächst in einem Telegram-Kanal gemeldet, der fast 1,6 Millionen Abonnenten hat. Dann wurde es auch von anderen Medien übernommen." Der Russe, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt, sagt, dass es immer wieder solche Verfahren vor dem Moskauer Basmanny-Gericht gebe, einem Bezirksgericht erster Instanz. Dabei fänden keine ernst zu nehmenden Gerichtsverhandlungen gegen Angeklagte statt, denen Verunglimpfung der russischen Armee vorgeworfen wird. Die entsprechenden Vorwürfe der Staatsanwaltschaft würden zu 99 Prozent von dem Gericht einfach übernommen. Er rate Jacques Tilly auf keinen Fall, nach Russland zu reisen.

Das plant Tilly ohnehin nicht. "So wie ich auch nicht in die Türkei oder in die USA reise, deren Präsidenten wir uns mit unseren Großplastiken ja auch immer wieder vorknöpfen." Für ihn habe das Ganze zunächst wie ein Witz geklungen. "So hoch können die das doch nicht hängen", habe er gedacht. "Aber ich freue mich natürlich, dass Satire so wirkt und anscheinend so weh tut, dass man in einem autokratischen Staat wie Russland ein Verfahren gegen mich einleitet."
Tilly hat sich Präsident Putin mit seinen Mottowagen immer wieder satirisch vorgeknöpft. Er sei schon seit Jahren ein "entschiedener Putin-Nichtversteher", sagt er. Für viel Aufsehen hatte etwa die Plastik im Rosenmontagszug 2023 gesorgt, die Putin zeigt, wie er in einer mit Blut gefüllten Wanne in den ukrainischen Landesfarben badet. Der Düsseldorfer lässt sich von der nun bekannt gewordenen Anklage nicht einschüchtern. Er sagt: "Das ist eine Kriegserklärung gegen den satirischen Humor, das können wir uns natürlich nicht unwidersprochen gefallen lassen." Angesichts des im Februar anstehenden Karnevals "überlegen wir nun, wie wir dem satirisch noch einen draufsetzen. So kurz vor Karneval sollte man uns nicht reizen", gibt er sich kämpferisch.

Foto: © grossplastiken.de
Tilly schmunzelt auch über die Anklage, die ihm "eigennützige Motive" vorwirft. "Wenn die in Moskau wüssten, wie wenig Geld ich damit verdiene, würden die das unter der Rubrik Idealismus abheften." Dass er noch nicht einmal persönlich über die Anklageerhebung informiert werde, wundert ihn aber schon. "Da gibt es ja nicht mal einen Rest von vorgetäuschter Rechtsstaatlichkeit. Das haben sogar die Nazis hingekriegt, dass man sich vor dem Volksgerichtshof noch verteidigen durfte, bevor einem dann Richter Roland Freisler brüllend über den Mund fuhr."
Wie es nun weitergeht, weiß Tilly nicht. "Ich kenne den Unrechtsweg nicht."







3 Kommentare
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Kommentare
Petra Pausch am Permanenter Link
Offensichtlich hat Tilly alles richtig gemacht.
pi am Permanenter Link
Ist sicher keine Frage, dass wir alle voller Solidarität mit Jacques Tilly sind.
GeBa am Permanenter Link
In welcher kranken Welt lebt Putin, daß er sich über einen Satiriker derartig aufregt der harmlose Witze über ihn macht, dies zeigt fehlendes Selbstvertrauen und permanente